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Auf der Bühne und im Zuschauerraum gleichermaßen vor Rührung blanke Augen: So ist am Sonntag in der Fritz-Mannherz-Halle nicht nur ein beeindruckendes Konzert ausgeklungen, sondern eine Ära unter den geschichtsträchtigen Klängen von Paul Burkhards "O mein Papa" zu Ende gegangen. Erstmals seit mehr als 60 Jahren wird ab dem nächsten Auftritt des Musikvereins "Harmonie" kein Ehringer mehr am Pult stehen. Über 150 Dirigentenjahre in den Händen von "Ehringer Vater" und "Ehringer Sohn" werden dann Vergangenheit sein. Der 2025 verstorbene Willi Ehringer und sein Sohn Peter - dem nun, wie er mehrmals sagte, "die Wedlerei langt" - waren zusammen 64 Jahre Dirigenten beim Musikverein, 44 Jahre beim Fanfarenzug Hockenheim und 48 Jahre beim Musikverein Unteröwisheim. Beide unterstützten das Konzert im zweiten Teil. "Dein Vater hat Dir große Fußstapfen hinterlassen. Trotzdem bist Du Deinen eigenen Weg gegangen und hast eigenen Spuren hinterlassen", gratulierte Andreas Sturm vom Blasmusikverband Rhein-Neckar. "Du stehst in der Tradition des 'Ehringer-Sounds' und passt dennoch in keine Schablone." Stimmungsvoller Abschied voller Gänsehaut-MomenteEin Beispiel für diese Eigenständigkeit im guten Wissen einer erhaltenswerten Tradition bot auch das Abschiedskonzert des gefeierten Dirigenten. In seinem fast dreistündigen Musikabend bot Peter Ehringer zunächst zusammen mit seinem Reilinger Musikverein und mit seinen Freunden aus Hockenheim sowie Unteröwisheim ein wenig Klassik, dann beliebte Popmusik und zum Gänsehaut hervorrufenden Abschluss Bonmots aus der Hochzeit der Big-Band-Ära als Exempel des legendären "Ehringer-Sounds". Diesen prägten die beiden Spitzenmusiker in den vielen Jahren ihres Schaffens und drückten ihn ihren Orchestern wie einen Stempel mit höchstem Wiedererkennungswert auf. Die besondere Mischung aus Swing, verschmitzter Spielfreude und einzigartigem, passgenau auf die Ensembles geschneiderten Arrangements rührendem Sound lässt Kennern die Ehringer-Orchester aus hunderten Musikgruppen wohltuend hervorstechen. Die Reilinger punkteten von der Eröffnung mit John Williams "Olympic Fanfare", die das Orchester in einer gut austarierten Mischung aus Tradition und Würde mit einem warm-weichen, strahlend schönen und bemerkenswert reinen Klang gab, über Franz von Suppés "Leichte Kavallerie" und vor allem mit einem Streifzug durch Jim Steinmans Musik zum Musical "Tanz der Vampire". Breit ausgespielt fanden die Musiker mit dem 1997 unter der Regie Roman Polanskis in Wien uraufgeführten Zweiakter in die Herzen ihrer Hörer, wobei sie bei zahlreichen Stimmungs- und Tempiwechseln glänzten, aber auch die Zerrissenheit und den hochdramatischen inneren Kampf Krolocks wundervoll berührend transportierten. Mit dem Abschluss vor der Pause initiierte Ehringer die tatsächliche Stabübergabe an seinen Nachfolger Alexander Hartmann: Der 1981 geborene Trompeter ist Sohn des langjährigen Vorsitzenden der "Harmonie", Richard Hartmann, der im vergangenen Jahr verstarb und dem Ehringer als "ewigem musikalischem Wegbegleiter" sein Abschiedskonzert widmete. Alexander Hartmann ist seit 2017 Trompeter bei der Big Band der Bundeswehr und für Ehringer die perfekte Nachfolge: "Wir konnten keinen patenteren und kompetenteren Mann finden." Mit "Tribute for Bert Kämpfert" konnte der "Neue" in einer ergreifend luftigen Zwiesprache mit dem Orchester am Flügelhorn von seinem einzigartig klaren,warmen und runden Ton überzeugen - und ließ Erinnerungen an "alte Zeiten" aufkommen, in denen die beiden Ehringers sich bei Auftritten Trompetensoli zuwarfen. Diese ertönten in Reinform nach einem weiteren Programmblock mit einem Auszug aus Phil Collins Musical "Tarzan" und einem kurzen Ausflug zu "Starlight Express" und den "Beatles" zum Konzertende: Teils nahtlos ineinander übergehend gaben die 50 Musiker - immer wieder solistisch angeführt von Hartmann und teils unter der Leitung des Fanfarenzug-Dirigenten Benjamin Wolf - mit Benny Goodmans 1939-er-Nummer-Eins-Hit "And the Angels Sing", Glenn Millers "St. Louis Blues March", Duke Ellingtons "Creole Love Call" und "In the Mood" - dem Joe-Garland-Titel, den Miller einst berühmt machte - die absoluten Sternstunden der Bigband-Musik zum Besten. Sauber, mitreißend und in purem "Ehringer-Sound" verbeugten sich die Register noch einmal vor ihren großen Dirigenten. Besonderen Erinnerungen folgt die Vorfreude"Die Ehringers sind in Reilingen nicht nur Legende, sondern auch Kult", sagte Bürgermeister Stefan Weisbrod und wandte sich gleich an Alexander Hartmann: "Wir haben gesehen, es geht großartig weiter." Dies hörte das vor Ehrfurcht gerührte Publikum mit der Zugabe, die viele im Saal an zwei andere denkwürdige Ereignisse erinnerte: Den eingangs erwähnten Chanson "O mein Papa", den der Schweizer Komponist Erna Lenser für die musikalischen Komödie "Der schwarze Hecht" verfasst hatte, spielten Willi und Peter Ehringer 2016, als der Vater die Geschicke "seines" Musikvereins in die Hände des Sohns legte und zuletzt 2019, als Ehringer seinen Abschied beim Fanfarenzug gab. Diesmal teilte sich der scheidende Dirigent gerührt und doch voll musikalischer Kraft den Part mit Hartmann als Symbol für "Kontinuität und Zukunft, Tradition und Innovation", wie der neue "Harmonie"-Chef Karlheinz Askani es auf den Punkt brachte. Zum letzten grandiosen Trompeten-Spitzenton Peter Ehringers dürfte mancher im Publikum vor Rührung geschluckt haben, doch mit diesem Konzert ist nicht nur eine Ära vorübergegangen, sondern gleichzeitig die Hoffnung auf viel Neues erwachsen. |
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Bericht aus "Schwetzinger Zeitung" vom 16.12.2025 |
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