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Musikalisch so richtig Dampf abgelassen

Musikverein Harmonie: Konzert in der Aula der Schillerschule
stößt auf große Begeisterung

"Sie nach Jahren wieder zu begrüßen, macht Appetit auf mehr!" Was Dirigent und Ausnahme-Trompeter Peter Ehringer seinem Publikum am Sonntagabend in der Aula der Reilinger Friedrich-von-Schiller-Schule zurief, beruhte sicherlich auf Gegenseitigkeit: Die Pandemiejahre musste die Spargelgemeinde auf "ihren" Musikverein verzichten – umso glücklicher alle, nun wieder 30 Instrumentalisten auf der Bühne zu sehen. Und vor allem zu hören: Mit einem beschwingten, von vielen Kontrasten geprägten, ganz persönlichen Programm von Cheftrompeter Ehringer injizierte das Blasorchester gute Laune und Genuss gleichermaßen.

Vom leichtfüßig-bewegten, mitreißenden und faszinierend vielschichtigen Opener mit dem "Florentiner-Marsch" des tschechischen Komponisten und Kapellmeisters Julius Fucik bis zum "offiziellen“ Ende mit einem viel umjubelten "Tom-Jones-Medley" gab die "Harmonie" elf Leckerbissen der Musik – wie bei einem ordentlichen Menü mit viel Abwechslung.

Dabei stellte das Orchester unter Beweis, dass man auch nach der langen Corona-Pause noch topfit ist: Ob beim ganz zarten, ganz harmonisch und homogen interpretierten "You raise me up" oder dem vielgestaltigen, eher monumentalen Morricone-Medley "Western in Memoriam" – immer fanden die Instrumentalisten nicht nur den rechten Ton, sondern auch die perfekte Stimmung.

Perfektes Flügelhorn-Solo

Den Lovland-Song, der in der Variante von "Westlife" wohl am bekanntesten, in der von Peter Ehringer angedeuteten Fassung der "Celtic Woman" in der 2007er-Version mit der legendären Hayley Westenra am schönsten ist, nutzte das Orchester, um Guido Fey mit einem Flügelhorn-Solo zu präsentieren – gemeinsam ergreifend und mit einem perfekt austarierten, weit gespannten Dynamikbogen.

Die Westernklassiker des italienischen Komponisten, Dirigenten und Oscarpreisträgers hatte Ehringer – wie alle Stücke des Abends – in seiner eigenen Bearbeitung einmal gehörig durchgeschüttelt und so die Qualitäten seines Orchesters unterstrichen, das mit einem beeindruckenden, sehr engagiert interpretierten Streifzug die bekannten Filmmusiken in ihren breiten Passagen voll ausspielte, die vielen dynamischen Brüche und Tempiwechsel wie selbstverständlich mitmachte – auch hier konnte Guido Fey in der eingängigen Titelmelodie zu "Once upon a time in the West" wieder charakterstarke Passagen setzen.

Überhaupt war es auch ein Konzert der Solisten – immer wieder trat die Klarinettistin Corina Hartmann in den Vordergrund, um mit einem zart-lyrischen Ton fast schon oboenhaft wirkende Akzente zu platzieren, mit "Lassus Trombone" von Henry Filllmore gab es ein begleitetes Posaunen-Quartett mit Adolf Hocker, Karin und Willi Krüger und Walter Seitz sowie mit der nach einem James-Last Arrangement bearbeiteten Ehringer-Fassung des Garland-Klassikers "Somewhere over the Rainbow" nicht nur vier grandiose Trompeten, sondern auch das musikalische Highlight des Abends.

Zugabe eingeklatscht

Neben dem unnachahmlichen Ton, der den Dirigenten zu einem gefragten Musiker werden ließ, dem bereits mehrfach positiv aufgefallenen Guido Fey mit dem weichen, vollharmonischen Klang und dem unmittelbar und natürlich klingenden Volker Janisch ist da vor allem Alexander Hartmann zu nennen, der mit einer völlig freien und fantasievollen Intonation nicht nur seit 2016 bei der Big Band der Bundeswehr, wo er noch am Vorabend spielte, glänzt, sondern die Menschen seiner alten Heimat förmlich verzauberte.

Nach zwei Stunden Musikprogramm gab es stehende Ovationen in Reilingen, einen sichtlich stolzen Vorsitzenden Richard Hartmann, dessen Dank ebenso wie die fast schon erpresste Zugabe vom wohlverdienten Applaus unterbrochen wurde: Lang war das Konzert am Kochen – jetzt hatten Peter Ehringer und seine "Harmonie" grandios "Dampf abgelassen".

Bericht von Matthias H. Werner aus "Schwetzinger Zeitung" vom 29.03.2023

BILD: LENHARDT